Marktkreation im Bereich der Erneuerbaren Energien: Eine ANT Untersuchung
11.15 - 13.15
Sektion: Ökonomie
Block: Märkte und Akteure
Benjamin Best, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Abstract
Die nordwest-deutsche Windenergiebranche erfreut sich der jüngsten
Vergangenheit eines bemerkenswerten Zuspruchs und zahlreichen
wirtschaftlichen Erfolgen. Sie diene als zukünftiger Wachstumsmotor, sei das
Erfolgsrezept für die exportorientierte deutsche Wirtschaft und stelle
zugleich ein wirksames Mittel gegen die Verursachung des Klimawandels dar.
Oft wird die dynamische Entwicklung in dieser Branche öffentlich und in
wissenschaftlichen Untersuchungen durch einen oder mehrere solcher Faktoren
erklärt. Die Konstruktion des Marktes für Windenergie stellt aber ein
komplexes soziales Arrangement dar, dessen Durchsetzung von verschiedenen
gesellschaftlichen, kognitiven und materiellen Größen bestimmt wird. Die
Leerstelle der meisten innovationstheoretischen Arbeiten für diesen Bereich
ist die Vernachlässigung der komplexen Wechselwirkungen von
gesellschaftlichen und historischen Bedingungen, der wissenschaftlichen
Wissensbildung und den sozialen Sinnzuweisungen für natürliche Phänomene.
Hier sind Natur, Technik und Soziales wie in einem Netzwerk miteinander
verwoben, so dass für die Untersuchung dieses entstehenden Marktes eine
nicht-reduktionistische Herangehensweise gefragt ist. Mit der sogenannten
„Akteurnetzwerk-Theorie“ (ANT) ist ein solcher Zugang gegeben. Er spielt in
der umweltsoziologischen Theoriebildung in den letzten Jahren eine immer
wichtigere Rolle, hat im deutschen Sprachraum aber kaum empirische
Anwendungen gefunden. Auch für die innovationsorientierten
Nachhaltigswissenschaften stellt dieser Zusammenhang noch ein Desiderat dar.
Meine Abschlussarbeit zielt darauf ab, diese Lücke an den Grenzen
soziologischer, sozialpsychologischer, wirtschafts- und
naturwissenschaftlicher Disziplinen durch empirische Arbeit zu schließen.
Das Konzept „Netzwerk“ zeigt hier die Methoden an, mit denen der
Zusammenhang der heterogenen Elemente beschrieben und deren Veränderungen
über die Zeit beschrieben werden können. Die Verschiebungen im Netzwerk von
Assoziationen zwischen menschlichen und nicht-menschlichen Objekten bzw. den
sozio-technischen Verkettungen von Mensch, Technologie und Natur führen
dazu, dass Probleme neu definiert, neue Wege ihrer Bearbeitung geöffnet,
neue UnterstützerInnen gefunden, Allianzen geschmiedet und soziale Praktiken
geändert werden können. „Untersuchungsobjekt“ sind die
Selbstinterpretationen und das ExpertInnenwissen der wirtschaftlichen und
wissenschaftlichen Akteure auf diesem Wachstumsmarkt, BeobachterInnen und
aus dem Netzwerk ausgeschlossener „Aktanten“, sowie die materiellen,
juristischen und finanziellen Rahmenbedingungen und der Einfluss exogener
Faktoren wie Klimawandel und globale Marktentwicklungen. In ersten
hypothesengenerierenden Schritten wird gefragt:
- Auf welchen bestehenden industriellen Strukturen die Windenergiebranche aufbauen kann und welche neuen Elemente sie heranzieht.
- Auf welche Weise Grenzen zwischen den gesellschaftlichen Sphären Wissenschaft, Wirtschaft und Politik konstruiert und verwischt werden.
Die Eingrenzung auf die Region Nordwest-Deutschland ergibt Sinn, weil dort ein Großteil der Stromgestehung durch Wind generiert wird. Auch soll auf vorliegenden Untersuchungen des Autors aufgebaut werden.