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„Nachhaltige Entwicklung“ - Eine kritische diskurs- und hegemonietheoretische Analyse nach Ernesto Laclau und Chantal Mouffe

Freitag, 18.06.
11.15 - 13.15
Sektion: Sozial
Block: Theorie und Diskurs

Reinhold Uhlmann, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald

Abstract


,Nachhaltige Entwicklung' ist in aller Munde. Was verbirgt sich aber konkret hinter diesem Begriff? Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass es einen hegemonialen Diskurs gibt, der vor allem auf Wachstum, Modernisierung, Technisierung und Verwissenschaftlichung setzt1. Daneben gibt es alternative und sehr viel radikalere Ansätze zum Thema Entwicklung und Umwelt, die aber nicht hegemonial sind2. Damit ergibt sich die Frage, wie die Hegemonialisierung des Diskurses der ,nachhaltigen Entwicklung' erklärt werden kann. Die Absicht der Hausarbeit liegt darin, dieser Frage mit Hilfe der poststrukturalistischen Diskurs- und Hegemonietheorie von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe nachzugehen. Dieses Vorhaben ist insbesondere interessant, da die Theorie nach meinem Kenntnisstand noch nicht konsequent auf den Diskurs der ,nachhaltigen Entwicklung' angewendet wurde. In der Hausarbeit konnte dabei gezeigt werden, dass die Diskurs- und Hegemonietheorie von Laclau und Mouffe hervorragend geeignet ist, um die Hegemonialisierung des Diskurses um ,nachhaltige Entwicklung' zu analysieren beziehungsweise zu erklären. Denn durch die Analyse wurde herausgestellt, dass Aspekte, die gleichzeitig die Kernpunkte der Hegemonietheorie von Laclau ausmachen, als wesentliche Gründe für die Hegemonialisierung angesehen werden müssen. Dazu zählen ungleiche Machtverhältnisse, ein tendenziell leerer Signifikant und die Repräsentation von etwas Allgemeinen durch etwas Partikulares3. Der Machtaspekt zeigt sich dadurch, dass das Konzept im Laufe der Zeit zunehmend von mächtigeren Akteuren getragen wurde. Der tendenziell leere Signifikant ist ein Begriff mit besonderer Bedeutung, da er fast den ganzen Diskurs repräsentieren kann, indem er die einzelnen Momente des Diskurses nahezu äquivalent macht4. Im vorliegenden Fall wurde „nachhaltige Entwicklung“ als tendenziell leerer Signifikant identifiziert. Dieser Begriff ist in der Lage gleichzeitig verschiedene partikulare Momente, wie zum Beispiel Wachstum, Markt, Umweltschutz und Entwicklung als das allgemein zu befürwortende zu repräsentieren. Die durch den Diskurs proklamierte Versöhnbarkeit von Wachstum und Nachhaltigkeit spielt dabei eine herausragende Rolle, da somit zwei sich zunächst widersprechende Momente nun gleichzeitig das Allgemeine, nämlich ,nachhaltige Entwicklung' repräsentieren. Eine weitere Stärke der Theorie von Laclau und Mouffe besteht darin, dass sie nicht nur offenbart, wie es zum Status Quo gekommen ist, sondern damit auch zeigt, wie diesem entgegengewirkt werden kann. Um mehr Einfluss zu gewinnen und den hegemonialen Diskurs zu schwächen, fehlt den alternativen Ansätzen nämlich - natürlich neben dem Machtaspekt - ein leerer Signifikant, der in der Lage ist zum Beispiel Nullwachstum, Subsistenzwirtschaft und einen alternativen Entwicklungsbegriff gleichzeitig als das Positive und allgemein Anzustrebende zu repräsentieren. Es hat sich somit gezeigt, dass insbesondere die Einbeziehung des Konzepts des tendenziell leeren Signifikanten zu meiner Ansicht nach wertvolleren Forschungsergebnissen geführt hat als bei den bisherigen Arbeiten zum Thema ,nachhaltige Entwicklung'.